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Gendern

Als Texter:in ist es heutzutage das täglich Brot, sich mit genderneutraler Sprache, kurz dem Gendern, auseinanderzusetzen. Stimmt das tatsächlich?

Jein. Natürlich mache ich mir jobmäßig sehr viele Gedanken darüber, ob und wie ich meine Texte gendern soll. Denn als TexterIn weiß man, dass Sprache Bewusstsein bildet. Kundinnen und Kunden hingegen scheint es, so meine Erfahrung, gar nicht so wichtig zu sein, wer da in dem Text jetzt an- oder beschrieben wird. Manch ein/e Betroffene/r hingegen, so musste ich selbst erfahren, fühlt sich durch die genderneutrale Sprache nicht inkludiert, sondern viel mehr noch mehr diskriminiert. Und während ich diese Zeilen schreibe, macht mein Computer aus jedem „gendern“ per Autokorrektur „ändern“ – kein Witz. Das Wort gendern, so scheint es also, ist noch nicht wirklich präsent. Selbst der Duden gibt zu dem Verb gendern noch nicht viel her.

Alleine dieser erste Absatz zeigt die Komplexität der Genderthematik.

Gendern – Die Schreibweisen

Es gibt eine Vielzahl verschiedener gender-Möglichkeiten. Hier nur einige Beispiele:

  • Texter und Texterinnen
  • Texterinnen und Texter
  • Texter/innen
  • TerxterInnen
  • Texter*innen
  • Texter:Innen
  • Texter:innen
  • Texter-innen
  • Textende (hier ist nicht das Ende eines Textes gemeint 😉 )

Zudem werden mittlerweile Stimmen laut, die fordern, nicht der Texter oder die Texterin zu sagen, sondern das Texter. Impliziert werden soll mit dieser, als auch mit den oben stehenden Schreibweisen, dass ein Texter, bzw. das Texter männlich, weiblich, inter*, trans*, nicht-binär, pan* und weitere, sein kann. Hat man das verstanden, ist man schon ein großes Stück weiter.

Die Krux besteht jetzt allerdings darin, die richtige Schreibweise zu finden. Ich werde immer wieder gefragt, welche Schreibweise ich für die richtige halte. Die Wahrheit ist, dass ich es nicht beantworten kann. Natürlich kann ich meine Empfehlungen dazu aussprechen, die Entscheidung liegt aber letztendlich bei dem/der Kund:In.

Sprache erzeugt Bilder in unseren Köpfen.

SEO tauglich gendern

Heute werden Texte nicht mehr einfach nur in Printmedien veröffentlicht, sondern viel mehr digital, im Internet. Möchte man heute zu einem bestimmten Thema Informationen finden, muss man nicht mehr nächtelang in verstaubten Archiven nach der richtigen Information suchen. Man geht, genau, ins Internet, und googelt. Googelt man zum Beispiel das Wort Texter, bekommt man gegenwärtig knapp 15 Millionen Einträge auf über 1 Millionen Seiten.

Wenn ich also einen Text auf einer Website zu einem Thema veröffentliche, möchte ich natürlich, dass mein Artikel bestmöglich auf der ersten Seite bei Google erscheint. Oft werde ich auch hier gefragt, ob ein gegenderter Artikel das Ranking bei Google beeinflussen kann. Die Meinungen hier sind strittig, dennoch würden mir wahrscheinlich viele Fachleute zustimmen, wenn ich den Doppelpunkt als am SEO-tauglichsten empfehle.

Barrierefreiheit bei gegenderten Texten

Denn nicht zuletzt ist der Doppelpunkt für die Barrierefreiheit im Internet das am geeignetste Gender-Werkzeug. Denn Sehbehinderte Personen nutzen in der Regel Vorleseprogramme, mit Hilfe derer sie Artikel im Internet ohne Probleme konsumieren können.

Ohne Probleme? Das gelingt natürlich nur dann, wenn das Vorleseprogramm das Wort auch als solches erkennt. TexterIn ist für das Programm schwer zu erkennen. Mühsam und lang für den Zuhörenden wird es auch dann, wenn die Texte durch Nennung der weiblichen und männlichen Form unnötig in die Länge gezogen werden. Außerdem schließen wir hier wieder eine große Personengruppe (siehe oben) aus.

Die Erfahrung zeigt, dass Vorleseprogramme am besten den Doppelpunkt verarbeiten können.

Die Macht der Sprache

Ein weiteres, wenn nicht sogar das wichtigste Argument für das Gendern ist, dass gendern ein großer Schritt in Richtung Gleichberechtigung bedeutet. Mit der Verwendung der Schreibweise Texter:in anstelle von TexterIn wird nicht nur das biologische Geschlecht, sondern auch das soziale Geschlecht inkludiert. Durch die Verwendung der genderneutralen Sprache arbeiten wir bewusst an der Sichtbarmachung unterschiedlicher (sozialer) Geschlechtergruppen und andererseits tragen wir zur Neutralisierung bei – Textende anstelle von Texter und Texterin.

Nicht zuletzt sollte darauf hingewiesen werden, dass Sprache ein mächtiges Instrument ist, das Bilder in unseren Köpfen erzeugt und somit unsere Vorstellung von einer Person maßgeblich prägt. Wird immer nur von dem Texter gesprochen, erzeugt man damit automatisch das Bild eines Mannes. In Zeiten, in denen wir von Vielfältigkeit, Offenheit und Gleichberechtigung sprechen, sollten wir die Bilder, die wir in den Köpfen anderer mit unserer Sprache erzeugen, nicht außer Acht lassen.

Sprache hat Macht.

Bilder: Shutterstock